Samstag, 30. Juni 2012

Ich will noch nicht gehn!

Wie immer im Leben muss man gehen, wenn es am Schönsten ist. Oder wird es immer am Schönsten, wenn man fast gehen muss? Ich bin mir nicht sicher, was passiert ist, aber seit einigen Wochen bin ich voller Wehmut und genieße jede Sekunde in Kenia. Es gibt nichts mehr was mich stört und ohne auf meine Liste zu schauen, auf der ich Dinge die mich in diesem Land nerven niedergeschrieben habe, fällt mir auch nichts ein was mich daran hindern könnte zurückzukommen. Ist das das altbekannte "Afrika-Fieber", das manche schon in den ersten Tagen ergriffen hat? Kann es sein, dass ich 8 Monate resistent war und nun akut ergriffen wurde? Ich weiß es nicht. 

In den letzten Wochen habe ich nochmal viel erlebt, einige Kenianer kennengelernt und immer wieder neues gelernt und erfahren. 
Eine wundervolle Erfahrung habe ich gemacht, als ich an den Ort meines November-Workcamps zurückgekehrt bin. Am gleichen Ort hat ein neues Workcamp stattgefunden-viel kleiner als unseres und mit nur 3 "Wiederholungstätern", also Freiwilligen die auch damals dort waren. Als wir dort ankamen, war es ein wenig wie nach hause kommen. Ken, der Familienvater der Gastfamilie begrüßt mich gleich mit "Andrea! Umerudi! Karibu sana. Habari yako?" (Andrea, du bist zurückgekehrt! Herzlich willkommen. Was gibt es neues von dir?). Auch seine Frau und eine der beiden Großmütter,sowie der Schulleiter der benachbarten Schule erinnerten sich an mich. Es war ein schönes Gefühl so begrüßt zu werden. Die Tage in Bogambero gingen viel zu schnell vorbei. Wieder traf ich neu-angekommene Europäer, die mir zeigten wie sehr ich mich an vieles gewöhnt habe und wieder traf ich junge, weltoffene Kenianer, mit den man diskutieren und Späße machen kann,wenn man bereit ist sich auf sie einzulassen und ihre Umgangsart akzeptiert. Das fällt vielen von uns Europäern schwer, denn der Ton ist oft rau. Kiswahili kennt in Kenia keine Höflichkeitsfloskeln wie "bitte, danke, könntest du vielleicht" stattdessen hört man oft "gib mir, bring mir, nimm, du wäschst ab". Man kann daraufhin beleidigt sein und nicht mehr mit den Kenianern sprechen (was manchmal tatsächlich geschieht!), oder man versucht es zu verstehen (was ganz einfach ist, wenn man Kiswahili lernt und sieht, wie die Sprache gebildet wird und welche Ausdrücke täglich gebraucht werden) und freundet sich damit an. Dann merkt man auch, dass die kenianischen Jugendlichen auch nur Menschen sind und zwar keine schlechten, oder bösen. 
Im Gegenzug wird es sehr geschätzt, wenn man damit umgehen kann, selbst ein wenig Kiswahili kann und sich nicht dauernd über Essen, Umstände und Verhalten beschwert. Das reicht schon aus um gesagt zu bekommen: Jetzt bist du eine von uns. Ein Glück, dass mir alles (mehr oder weniger) schmeckt was hier serviert wird - so fällt es leichter sich über nichts zu beschweren :-) 
Wenn man dan "einer von ihnen" ist, bekommt man auch viele Eindrücke von der anderen Seite mit. Zum Beispiel fällt den Jungs immer auf, dass Franzosen kein Englisch sprechen, Deutsche sich immer beschweren, Japaner dafür nie. Japaner essen immer nur ganz wenig, Europäer ganz viel (und oft mit Widerwillen). Die Auswertung sämtlicher weiblicher Freiwilliger durch Kenianische männliche Freiwillige war ebenfalls sehr interessant, aber ich lasse sie hier aus verschiedenen Gründen mal besser aus. 
Dafür gibts wieder ein paar Fotos, die die Freuden meiner vergangenen Wochen dokumentieren



Gelungene Überraschung zum Geburtstag: Ein Kuchen mit Zuckerguss und "Happy Birthday" Aufschrift, jede Menge Mandazi und 24 Kerzen. Die Kleinen haben sich fast so sehr gefreut wie ich.

Workcamp in Bugabero heißt Bäume pflanzen und Backsteine machen. Wofür ist nicht immer ganz klar, aber darum geht es auch eigentlich nicht. Spaß ist das Wichtigste und der ist garantiert, wenn man bereit ist den europäischen Ernst für ein paar Tage abzulegen.

Waschen und Duschen an dieser Quelle ist eine der wundervollen Beschäftigungen, mit denen man sich in Bugambero die Zeit vertreibt. Alternativ wäscht man sich und seine Kleidung im Fluss, aber der war zu der Zeit meines Besuches sehr schmutzig, weil weiter oben im Flussverlauf Sand abgebaut wurde. Hier ist das Wasser glasklar. Der einzige Ort an dem es Spaß macht Pullover und Jeans zu waschen, weil man nicht so sehr wahrnimmt wie viel Wasser man dafür benutzt (für gewöhnlich braucht man dazu mehrere Eimer)


Die kümmerlichen Überreste des November-Workcamps. Angeblich wurden einige der Steine verwendet um irgendwo eine Toilette zu bauen. Daran hatte ich begründete Zweifel, aber es war mir auch egal, denn auf jeden Fall war das Workcamp für mich "nachhaltig", auch wenn es keine greifbaren Dinge sind, die wir im November erreicht haben. Für mich persönlich war jeder Tag, den ich in dieser Gegend verbracht habe wertvoll.

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